Immer wieder trifft man auf Mitarbeiter, die, so scheint es, das Wir-Gefühl leben. Oftmals beginnen deren Sätze mit dem Wort “Wir” und der Name der Firma wird auch nicht selten erwähnt. Diese Kollegen denken an das Wohlergehen des Unternehmens und bringen sich immer wieder ein. Sei es durch Auftritte in Foto-Collagen oder der Teilnahme an internen Events, man merkt, wie wohl sich der Kollege fühlt.
Dieses Gefühl hatte ich noch nie. Mir ist es fremd, wie es sich anfühlt, sich mit seinem Arbeitgeber zu identifizieren. Ganz im Gegenteil, ich war und bin einer derjenigen, die mit “Ich arbeite bei einem IT Dienstleister” antworte, wenn gefragt wird, wo man denn arbeite. Wenn dann nachgehakt wurde, wo denn genau, war es bei einem meiner ehemaligen Arbeitgeber sogar so schlimm, dass ich mit etwas wie “Kennst du sowieso nicht” erwiderte.
Woran das liegt möchte ich durch das Verfassen dieses ersten Blogeintrags versuchen zu erörtern (und herauszufinden).
Dienstleister
Das Gefühl, das ich habe, also sich als Arbeitnehmer nicht mit seinem Arbeitgeber identifizieren zu können, ist meiner Meinung nach nichts Außergewöhnliches innerhalb des Sektors, wenn man sich vor Augen hält, wie die Karrierelaufbahn innerhalb der IT Branche aussieht: Man arbeitet meist für Dienstleister und wechselt alle paar Jahre den Arbeitgeber, um in der Karriereleiter aufzusteigen oder einen Gehaltssprung zu machen.
Das Problem, so es denn eines ist, eines Dienstleisters ist im Wort Dienstleister bereits enthalten: Man leistet einen Dienst.
Dieser Dienst kann auch von anderen ausgeübt werden, sei es vielleicht in einer nicht ganz so guten Qualität, wie man selbst. So ist es doch gemeinhin bekannt, dass man als Mitarbeiter eines Dienstleistungsunternehmens meist darum bemüht ist, den Kunden an sich zu binden, da die Konkurrenz nicht schlummert und stets auf der Lauer ist. Ist man also Teil eines Entwicklungsteams, das eine Applikation für den Kunden erstellt, so kann es jederzeit dazu kommen, dass man einfach ersetzt wird und die Arbeit einfach vorüber ist.
Kommt es nicht dazu und man kriegt es als Unternehmen hin über die gesamte Dauer eines Projektes den Kunden zu halten, hat man als Mitarbeiter dennoch das identifikationstechnische Problem, dass das Produkt, an dem man entwickelt hat, nicht unter dem Namen des Dienstleistungsunternehmens erscheint, sondern unter dem Namen des Kunden. Ganz zu schweigen davon, dass der Name des Dienstleisters oft gar nicht erst erwähnt wird. So ist man nicht nur ein kleines Rädchen in einem großen Gebilde, man ist ein kleines Rädchen in einem unsichtbaren Gebilde. Arbeitet man also beispielsweise an dem Entertainmentsystem in einem Automobil eines namhaften Herstellers, so wird nicht das eigene Unternehmen die Lorbeeren einheimsen (die es sich wahrscheinlich verdient hat), sondern der Hersteller selbst.
Unternehmensstruktur
Dass ein Dienstleister meist keine eigenen Produkte hat, mit denen sich die Mitarbeiter gegegebenfalls identifizieren (oder sogar profilieren) könnten, ist jedoch nicht die einzige Problematik in dieser Hinsicht. Es gibt kaum Möglichkeiten eine Unternehmenskultur aufzubauen. Dem zugrunde liegt die Natur solcher Firmen und die Art und Weise wie sie Geschäfte machen.
Man hat X Mitarbeiter und Y Projekte. Innerhalb dieser Y Projekte hat man Z Stellen zu besetzen.. Die Besetzung neuer Projekte läuft meist so ab, dass man entweder neue Mitarbeitende einstellt oder bereits bestehende, aber nicht beziehungsweise nur teilweise ausgelastete Mitarbeiter diesen Projekten zuweist. (Offensichtlich gibt es auch Arbeitsplätze, die den Projektalltag erst möglich machen, wie Human Resources oder das Office Management, sowie die Führungskräfte, jedoch sind diese in der Anzahl doch recht begrenzt, weswegen ich hier nicht weiter auf diese eingehen werde.) Diese Zuweisung geschieht meist auf Basis von gewissen Skills, also Fertigkeiten und Fähigkeiten, und Skillsets, die in den Projekten benötigt werden. So kommt es dazu, dass die Projektteams eigentlich nie gleich aussehen von einem Projekt zum Nächsten. Das wiederum ist hinderlich dafür, dass ein Teamgefühl entstehen kann.
Ein weiterer ausschlaggebender Faktor ist die unterschiedliche Bereitwilligkeit der einzelnen Kollegen innerhalb des Teams, Teil des Projektes zu sein. Unterschiedliche Interessen, Laufbahnvorstellungen und Lebensereignisse, unter Anderem, führen nicht nur dazu, dass Unternehmen verlassen werden, es führt auch dazu, dass Projekte gewechselt werden. So fällt es denjenigen, die nicht wechseln, schwer, ein Teamgefühl aufzubauen, wenn heute die Projektleiterin wechselt und morgen der liebste Kollege. Hierdurch fällt also eine weitere Möglichkeit der Idenfizierung mit dem Unternehemen selbst oder einem seiner Teile.
Benefits
Das was den Dienstleistungsunternehmen dann also noch bleibt, um Mitarbeiter an sich zu binden, ist nur noch das drumherum. Regelmäßige Events und eine Du-Kultur scheinen das neue Mantra von hippen Dienstleistern zu sein. Ist es nicht möglich sich auf Projekten zu vernetzen und zu verbinden, so macht man es eben nach der Arbeit, oder noch besser, während der Arbeitszeit auf internen Veranstaltungen. Da das jedoch nicht reicht, müssten Dienstleister oft viele sogenannter Benefits bieten, also Vorteilen für Mitarbeitende, wie zum Beispiel einen Obstkorb an dem man sich frei bedienen kann, oder Softdrinks.
Eine Vision, die die Mitarbeitenden unterstützen wollen und ihren Teil zur Realisierung beitragen wollen, wäre gegebenenfalls auch eine Möglichkeit Arbeitnehmer für sich zu gewinnen, doch fehlt dafür meiner Meinung nach der Rahmen hierfür. Dienstleister werden dafür eingesetzt, Visionen von anderen umzusetzen, weniger um eigene Visionen zu kreieren. Die Visionen die ein Dienstleister sich setzen kann, sind somit selbst also entweder nicht Teil der Dienstleistungssparte, oder zielen darauf ab, die Arbeit die man leistet, so gut wie möglich umzusetzen. Letzteres wäre in meinen Augen keine suffiziente Vision, um hinter dem Unternehmen stehen zu wollen.
Während sich Produkthersteller nicht groß bemühen müssen ihre Mitarbeiter zu halten, so helfen all die Vorteile, die manch ein Dienstleister bietet, wenig. Das zeigt die Tatsache, dass die Fluktuation innerhalb solcher moderner Dienstleistungsunternehmen meist dennoch viel höher ausfällt als beispielsweise bei alteingesessenen und starren Automobilherstellern (die keineswegs als gute Arbeitgeber zählen). Kostenloser Kaffee und ein Hanuta-Riegel scheinen die Möglichkeit der Identifizierung nicht zu ersetzen.
Persönliches Fazit
Ob ich persönlich dazu überhaupt in der Lage wäre, mich mit dem Unternehmen anderer Personen zu identifizieren und sie als ein Teil meiner Selbst anzusehen, auch wenn alles dafür gegeben ist, ist mir aktuell nicht klar. Ich versuche offen dafür zu sein mich begeistern zu lassen. Da ich bislang nur für Dienstleister gearbeitet habe und das sich in naher Zukunft wohl auch nicht so schnell ändern wird, bezweifle ich, dass ich dieses Gefühl bald nachvollziehen werden kann, das die oben beschriebenen Kollegen erleben.
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