Bewerbungsabenteuer II – Gehaltsverhandlungen

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In meinem letzten Beitrag Bewerbungsabenteuer – Demütigung habe ich von meinem ersten verstörenden Bewerbungsgespräch erzählt. Heute geht es in die zweite Runde in dieser Beitragsserie. Dieses Mal ist es weniger verstörend. Ich denke, dass es heute um ein Thema geht, mit dem sich einige von euch wahrscheinlich auch schon mehrmals haben außeinandersetzen müssen: dem Gehalt.

Der Discounter

Über einen ehemaligen Kollegen kam ich (im Jahr 2018) auf eine Stelle bei der IT-Tochter von einem großen deutschen Discount-Supermarkt. Mein Kollege empfahl mir mit seinem ehemaligen Kollegen zu sprechen, der nun bei besagter Firma arbeite, welche nach neuen Mitarbeitern suche. Nennen wir meine Kontaktperson der Einfachheit halber Günther.

Günther war seit zwei Jahren bei dieser Discountertochter und klang am Telefon froh darüber mich empfangen zu dürfen. Er war sehr freundlich und zuvorkommend. Ich war auf der Suche nach einem Job und durch die Empfehlung von meinem Kollegen war ich nicht abgeneigt. Ich sagte also einem Vorstellungsgespräch in Heilbronn zu.

Am Tag des Bewerbungsgesprächs, kam ich nach einer Stunde Fahrt im Industriegebiet von Heilbronn an, wo die die Büros des Unternehmens waren. In einem von drei quaderförmigen Gebäuden sollte ich empfangen werden. Nach einer kurzen Parkplatzsuche meldete ich mich am Empfang an und wurde in einen modernen, aber sterilen Raum begleitet, wo ich mich hinsetzen durfte um auf Günther zu warten. Getränke und Süßigkeiten lagen griffbereit auf dem Tisch.

Erstes Gespräch

Einige Minuten verstrichen, während ich die Personen beobachtete, die an der Glasscheibe in Richtung Flur an mir vorbeiliefen. Ich versuchte meine potentiellen Kollegen näher zu begutachten, doch konnte ich bei der Beobachtung von Vorbeilaufenden nicht wirklich viel erkennen. Dann kam Günther herein und stellte sich vor. Er war Anfang dreißig, groß, recht schlank und hatte eine kindliche Ausstrahlung. Er erzählte mir, dass er seit zwei Jahren hier tätig sei und nun Teil eines Teams sei, welches vielseitig eingesetzt werden würde. Unter Anderem entwickle man ein Vertriebstool für ein Schwesterunternehmen.

Wir unterhielten uns gut, auch ein weiterer Kollege kam etwas verspätet dazu und bemerkte, dass er ebenfalls ein Entwickler sei. Die beiden erzählten mir von den Technologien und den Vorzügen und wollte dann, dass ich mich vorstelle. Das Gespräch wurde fachlicher, aber war dennoch angenehm. Ehe ich mich versah war das Gespräch vorbei und ich war auf dem Rückweg nach Hause. Kurz vor dem Abschied wollte Günther noch meine Gehaltsvorstellungen wissen, die ich ihm gerne mitteilte. Das war zwar nicht der offizielle Verhandlungstermin, aber er versicherte mir, dass man zumindest in die Richtung kommen könne.

Einige Tage später erhielt ich eine E-Mail, die besagte, dass man mich zu einem zweiten Treffen einladen wolle. Dieses Mal würde Günther nicht dabei sein, sondern dafür sein Vorgesetzter, mit dem ich dann auch über meine Gehaltsvorstellungen reden könne.

Kühle Brise

Mein zweites Vorstellungsgespräch fand wieder in Heilbronn statt. Es war der Raum neben dem vom letzten Mal. Dieser Raum war ähnlich aufgebaut, hatte auch eine Glasfront zum Flur hinaus, war jedoch etwas dunkler und wirkte kühler. So waren auch meine Gesprächspartner. Der Bereichsleiter, ein Softwarearchitekt und ein weiterer Mitarbeiter saßen mir Gegenüber. Alle drei hatten einen dunklen Anzug an. Die Hemden waren bis zum Hals zugeknöpft und man merkte den Dreien an, dass der Tag ein langer war und noch lange nicht vorbei sein würde. Ich war ein Termin von vielen.

Wir saßen und sprachen über Technologien, meine Erfahrungen und deren Erwartungen. Die Gesprächspartner waren sehr distanziert und wollten, so kam es mir zumindest vor, mich und meine Erfahrung anhand von “buzz words” bewerten. Am Ende des Gesprächs kam es dann zum Thema Gehalt. Ich nannte die Zahl, die ich auch Günther genannt hatte, nämlich 55.000€ Brutto p.a. Die um sich darüber und über mich zu beraten und meinten, dass sie mir ein Angebot unterbreiten würden, falls sie mich für geeignet hielten.

Sie gingen aus dem Raum und kamen nach einigen Minuten wieder rein um mir das Ergebnis mitzuteilen. Ihr Angebot belief sich auf 48.000€ Brutto p.a.. Es sein anzumerken, dass man in dem Unternehmen eine 42,5-Stunden-Woche hat und maximal 50% der Zeit im Home-Office arbeiten darf.

Man kam mir also nicht mal einen kleinen Schritt entgegen. Im Gegenteil, dieses Angebot wäre zwar nominal höher, jedoch nicht auf Stundenlohnbasis. Es wäre faktisch also ein Schritt zurück. So sympathisch mir Günther und sein Kollege auch waren, ich war nicht bereit dieses Angebot anzunehmen und für ein niedrigeres Gehalt das doppelte an Fahrzeit auf mich zu nehmen. Dafür hatte ich noch genug andere Optionen, die ich nehmen konnte.

Dementsprechend sagte ich ab und ging meines Weges. Zumindest vorerst.

Zweiter Versuch

Etwa neun Monate später erhielt ich eine E-Mail von der Recuritingabteilung des Unternehmens, mit der Aussage, dass man meine Kontaktdaten von Günther bekommen hätte und eine passende Stelle für mich gefunden hätte. Ich las mir die Stellenbeschreibung durch und war zuversichtlich. Günther hatte mich ein paar Tage zuvor angerufen und mir erzählt, dass es Umstrukturierungen gab und man mich unbedingt dabei haben wollte. Meine Gehaltswünsche könne man nun auch eher erfüllen als es vorher der Fall war.

Ich fuhr erneut nach Heilbronn und traf mich mit Günther und einem seiner Kollegen. Günther war nun aufgestiegen und ein Teamleiter. Er war dabei sein Team aufzubauen und sein Kollege war, soweit ich weiß, ebenfalls ein Teamleiter. Beide waren locker drauf und wir hatten ein angenehmes Gespräch. Als es dann wieder zum Gehalt kam, war meine Forderung um einiges höher als zuvor.

Ich hatte bei meinem damaligen Arbeitgeber ebenfalls verhandelt und, dadurch dass ich ein sehr lukratives Projekt alleine am Laufen hielt, einen großen Gehaltssprung gemacht. Ich war effektiv von ~2.200€ Netto im Monat auf ~2.900€ gestiegen, musste dafür aber etwa 10 Extrastunden im Monat ableisten. Das entsprach also den 42,5h pro Woche, die man von mir auch in diesem Unternehmen forderte.

Da man, bekanntermaßen, einen Gehaltssprung erzielen sollte bei einem Arbeitgeberwechsel, wollte ich also ein Jahresbruttogehalt von 66.000€ haben. (Etwa 11% höher als mein damaliges Gehalt.) Die beiden waren erstaunt über diese Zahl, doch verstanden meine Argumentation. Sie nahmen die Zahl erneut mit, um es intern nochmal zu besprechen, aber sagten mir, dass ich mich darauf einstellen sollte, dass es wahrscheinlich nicht klappen würde.

Ein paar Tage später erhielt ich dann die Absage und das ein für alle mal.

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